Rede zur Demonstration gegen Abschiebungen nach Afghanistan vom 14.10.2017

Heute fand die Demonstration gegen die menschenverachtende Abschiebepraxis nach Afghanistan in Hildesheim statt.

Mit vielen Mitstreiter*innen zogen wir durch die Innenstadt Hildesheims und verbreiteten lautstark unsere Botschaft: Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord, Bleiberecht für alle, jetzt sofort!

Unser Dank geht an die Organisator*innen, Ordner*innen und allen Mitstreiter*innen, die diese friedliche, laute und vor allem bunte Demonstration ermöglicht haben.

Hier könnt Ihr nochmal unseren Redebeitrag nachlesen:

Liebe Mitstreiter*innen, liebe Passant*innen,

ich rede heute im Namen des Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverbands Hannover.

Für uns als Sozialist*innen ist es wichtig, immer auf der Seite der Unterdrückten und der Armen zu stehen, ganz egal in welcher Stadt sie leben oder in welchem Land, welche Hautfarbe sie haben oder welche Sprache sie sprechen. Wir stehen heute hier ganz im Sinne der Parole: Hoch die internationale Solidarität!

Wir stehen hier, um wieder einmal gegen Abschiebungen nach Afghanistan zu protestieren.

Lasst uns heute laut sein und lasst uns ein deutliches Zeichen setzen, dass diese menschenfeindliche Praxis ein für alle mal beendet werden muss!

Wie schlimm die Situation in Afghanistan ist, wie aufreibend – und auch tödlich! – die Flucht ist und wie fürchterlich das Leben sein muss, wenn man ständig befürchtet, wieder in ein Kriegsgebiet abgeschoben zu werden, kann man sich als deutsche Person wahrscheinlich nicht einmal vorstellen. Gerade deshalb fordern wir die Politik, aber auch die Presse auf, nicht immer nur Deutsche zu Wort kommen zu lassen, die über Geflüchtete reden – im besten Fall wohlwollend, im schlimmsten Fall hetzend – sondern mit den Betroffenen selbst ins Gespräch zu kommen. Auch heute und hier kann und muss dieses Umdenken bereits beginnen!

Aber dieses Umdenken muss auch für die Politik gelten und leider ist die Situation nicht besonders gut: Es droht morgen bei der Landtagswahl der Einzug der AfD, einer Partei die einen tatsächlich faschistischen Flügel beherbergt. Es droht eine neue Regierung unter CDU und FDP, die wahrscheinlich Abschiebungen nach Afghanistan wieder durchsetzen werden.

Und erst heute ist in Hildesheim der niedersächsische Ministerpräsident und Kandidat für die SPD, Stephan Weil, zu Besuch, der sich bis heute nicht zu einem formellen Abschiebestopp nach Afghanistan durchringen konnte. Die Lage ist also denkbar schlecht. Auch deshalb sind wir heute hier: Um zu zeigen, dass eine Gesellschaft für alle, egal welcher Herkunft und welchen Glaubens, einen grundlegenden politischen und gesellschaftlichen Wandel braucht! Dieser gesellschaftliche Wandel darf unserer Meinung nach nicht nur mal hier, mal dort die Folgen versuchen zu bekämpfen, die diese ungerechte Gesellschaftsordnung hervorbringt.

Um das Kind beim Namen zu nennen: Es ist nämlich der Kapitalismus, der die grundlegenden Bedingungen unseres Zusammenlebens bestimmt. Es ist der Kapitalismus, der dafür sorgt, dass Menschen in nützliche und nutzlose, wertvolle und wertlose, lebenswerte und lebensunwerte Menschen eingeteilt werden. Gegen den Gedanken, dass Menschen schlechter und wertloser sind oder weniger Rechte besitzen stehen wir heute auch hier. Alle Menschen sind gleichwertig, kein Mensch ist illegal!

Im Kapitalismus ist es und wird es immer notwendig sein, dass ausgesucht wird, ob Fachkräfte und Manager für den Profit irgendwelcher Firmen nützlich sind und z.B. im Flugzeug sicher einreisen dürfen, oder Menschen nicht nützlich sind und auf dem Weg ins Mittelmeer in Massen ertrinken. Der Kapitalismus wird auch immer Menschen und Staaten in Konkurrenz zueinander bilden und deshalb wird es auch immer ein „wir“ und ein „die Anderen“ geben, eine Gruppe, die dazugehört und eine, die es nicht tut, „Deutsche“ und „Nichtdeutsche“. Ob man diese Dinge rechtfertigt im Namen einer Kultur, irgendwelcher Werte oder Ideale, eines Gottes oder im Namen einer Partei: Wichtig ist für uns, dass es überhaupt gerechtfertigt wird.

Und genau hier wollen wir ansetzen: Denn wir träumen von einer Gesellschaft, in der alle dazu gehören und wir alle Entscheidungen über alles unserer Gesellschaft tragen. Wir wollen nicht, dass man nur alle vier Jahre wählt und das auch nur, wenn man den richtigen Pass hat, wir wollen nicht, dass im Fernsehen und im Radio nur die sitzen und mitdiskutieren, die die richtige Hautfarbe haben oder sich auf eine bestimmte Art verhalten: Wir wollen, dass alle mitentscheiden und zwar über alle Dinge in unserer Gesellschaft. Wir wollen nicht eine Gesellschaft, in der es wichtig ist, wer man ist und was man kann, wir wollen, dass es wichtig wird, wie eine Gesellschaft organisiert sein muss, damit alle mitentscheiden. Eine solche Gesellschaft für alle wird es aber nicht geben, solange wir im Kapitalismus leben – und da ist ganz egal, ob morgen die SPD oder CDU gewählt wird. Eine andere, eine bessere Gesellschaft ist erst dann möglich, wenn wir den Kapitalismus tatsächlich durch etwas besseres ersetzen und ihn nicht einfach nur etwas besser schmücken. Für eine solche bessere Gesellschaft gibt es viele Namen und noch viel mehr Ideen, wie man sie erschaffen kann.

Wir nennen diese bessere Gesellschaft Sozialismus und wir rufen euch alle dazu auf, miteinander zu diskutieren und voneinander zu lernen, wie diese bessere Gesellschaft aussehen muss. Der Weg zu einer solidarischen Gesellschaft mag vielleicht lang sein, aber er beginnt heute schon hier, wenn wir ein Zeichen gegen Abschiebungen setzen und es hört erst dann auf, wenn die ganze Menschheit befreit ist.

Aus diesem Grund: Nieder mit der Abschiebepraxis! Nieder mit dem Kapitalismus! Für die soziale Revolution!